Briefe
In seinen Briefen erwähnt Max Beckmann das Gemälde am 4. Mai 1931 (Nr. 564, S. 197), 21. Mai [1931] (Nr. 566, S. 199), 11. September 1931 (Nr. 576, S. 207) und 19. Februar 1932 (Nr. 583, S. 213; siehe Anmerkungen S. 316, 408, 409, 413, 417).
Portrait of Rudolf Freiherr von Simolin
Atelier Max Beckmann
Berlin / Seeseiten, Rudolf Freiherr von Simolin (I93I bis 1945)
In privater Hand (1945; Vermächtnis)
In privater Hand
Quellen
GÖPEL ERHARD / GÖPEL BARBARA 1976
Angaben des Eigentümers / der Eigentümerin
Wörtlich zitiert nach Göpel Erhard / Göpel Barbara 1976, S. 245f.:
Der Sammler Rudolf Frhr. von Simolin (1885-1945); im Hintergrund, teilweise verdeckt, wohl ein Selbstbildnis (s.u., Briefzitat vom 4. Mai 1931). Die weibliche Figur ist nicht mit Sicherheit zu identifizieren. Das Bildnis entstand im Auftrag. Simolin war einer der grossen Förderer Beckmanns, in den zwanziger und dreissiger Jahren sein Mäzen und sein Freund. In seiner Sammlung vereinigte er bedeutende Bilder von Cezanne, Munch, Delacroix u.a. mit etwa 15 Gemälden von MB, darunter Hauptwerken aus den Jahren der engen persönlichen Verbindung mit Beckmann. Seine literarische Passion galt Flaubert. Erstausgaben in kostbaren Einbänden, Manuskripte und der Schreibtisch des Dichters waren in seinem Besitz (siehe Bemerkung zu Nr. 439).
Ausser Wohnungen in Berlin, München und Stuttgart unterhielt Simolin den Familienbesitz Seeseiten, einen Bau von Leo von Klenze am Ufer des Starnberger Sees. In den hohen, schön proportionierten Räumen waren die wichtigsten Stücke der Sammlung untergebracht. Das Arbeitszimmer hatte Rudolf Alexander Schröder entworfen. In Seeseiten war MB oft Simolins Gast. S. war einer der Begründer des Vereins der Freunde der National-Galerie in Berlin. Er war mit MQB entfernt verwandt.
Wer S. kannte, stand unter dem Eindruck seines überlegenen Geistes, seiner umfassenden Bildung, seiner leidenschaftlichen, im Urteil sicheren Liebe zu Kunst und Literatur. Infolge einer Kinderlähmung war S. an beiden Beinen gelähmt. Als sein Besitz bei Kriegsende von amerikanischen Truppen beschlagnahmt wurde, nahm Simolin sich das Leben. (Zur Person Simolins siehe auch R. Piper, a.a.O. und Lackner 1967 S. 38.)
Wie sehr MB den Sammler schätzte und sich von ihm verstanden fühlte, bezeugen seine Briefe an Simolin:
12. Nov. 1929. «Sie wissen doch, dass Sie so ziemlich der einzige Mensch in diesem kleinen Erdenteater sind mit dem ich manchmal so sprechen kann, wie ich wirklich denke. -»
20.Aug. 1930. «Ich bin heute Abend ‹Strohwittwer›. Quappi ist zu dem Wichertvortrag in Basel. [Vortrag von Fritz Wichert, Direktor der Städelschule, in der Beckmann-Ausstellung Basel 1930.] [...] Schade, dass Sie heute Abend nicht hier sind. Ich hätte Lust zu Selbstmord oder endlosen Discussionen, was eigentlich dasselbe ist. Und Sie sind eben doch irgendwie ein verwandter Leidensgefährte dieses elenden Lebens, so schön wie es ist. -[...] Es ist schwer immer Neues zu erfinden, nicht wahr Simolin, um dieses Teater nicht in einer unendlichen Öde erstarren zu lassen - es gehört die Disciplin eines Tennischampion, die Weisheit eines Brama und die Servilität eines Kellners dazu. - Nun ich denke wir haben von allen etwas. -»
4.Mai 1931. «Übrigens ist unser Doppelportrait intensiv in Arbeit und wird sehr gut. Ich fühle so etwas. Schreiben Sie bald.»
16. Juni 1931. «Da ich heute von meinem Leibarzt erfuhr, dass ich noch ganz gesund bin (genaue Untersuchung sämtlicher inneren Organe) sehe ich mich gezwungen mit einem weiteren längeren Lebensprogramm zu rechnen und bemerke missfällig, dass ich dabei einige Freude empfinde. - Der schöne Hochmut der Lebensverachtung ist notgedrungen wieder etwas in den Hintergrund geschoben. - Und wie gesagt dabei dachte ich an Sie und wie es Ihnen wohl geht. -» (Aus unveröffentlichten Briefen in Privatbesitz.)
Zum Entstehungsort des Bildes siehe Bemerkung zu Nr. 303.
Vier undatierte, nach der Natur entstandene Bildnisstudien sind bekannt: 2 Bleistiftzeichnungen und eine Kreidezeichnung im Besitz von MQB (letztere abgebildet in Katalog Ausstellung Köln 1955 Theo Hill und in: Göpel, Max Beckmann der Zeichner, nur in der 2.Aufl.); 1 Kreidezeichnung im Profil mit Widmung und (wohl nachträglicher) Datierung 1936 (Privatbesitz Hamburg).
Vgl. die Radierungen Bildnis Simolin 1928, Gallwitz 281, 228.
Ein Jahr nach dem Tode Simolins entstand eine Kompositionsskizze für ein Triptychon, Mittelteil und zwei Flügel, blaue Tinte und Feder. Sie ist bezeichnet «Simolin Trytic [sic] 29. Mai 46 Laren» (ehern. Sammlung Frederick Zimmermann New York; siehe Tagebucheintragungen vom 25.Februar und 17. März 1946). In der Mitte ist eine an zwei Stök-ken gehende männliche Figur dargestellt, daneben (stehend) möglicherweise MB. An einer Wand im Hintergrund ist zu lesen: Hoop doel LEVEN (nach Mitt. von Helmuth Lüt- jens ein holländisches Sprichwort, etwa als «Hoffnung macht Lebensmut» zu übersetzen). Der Entwurf wurde nicht ausgeführt.
Vgl. die Kaltnadelradierungen in HOFMAIER 1990 Nr. 314 und 315.