Zwei Frauen
Double Portrait of Frau Swarzenski and Carola Netter
Atelier Max Beckmann
FRANKFURT AM MAIN Städel Museum (1924 bis vor 1938; Schenkung als Überweisung des Direktors; später zurückgezogen, um das Bild vor der Beschlagnahme im Rahmen der Aktion »Entartete Kunst« zu schützen)
[...]
HUNGEN »Instituts zur Erforschung der Judenfrage«
OFFENBACH Archival Depot (ca. 1945; Übergabe)
WIESBADEN Central Collecting Point (21. Feb 1946; Übergabe)
NÜRNBERG Jewish Restitution Successor Organization (4. Jul 1951; Übergabe)
FRANKFURT AM MAIN Städel Museum (seit Nov 1951; Übergabe)
Quellen
GÖPEL ERHARD / GÖPEL BARBARA 1976
Provenienzforschung in FRANKFURT AM MAIN Städel Museum
https://sammlung.staedelmuseum.de/de/werk/doppelbildnis
Bemerkungen
Gemäß GÖPEL ERHARD / GÖPEL BARBARA 1976, Katalog-Nr. 36, verzichtete Georg Swarzenski auf die Honorierung seiner Gutachten zugunsten des von ihm geleiteten Museums. Er hatte einen kleinen Fond aus ihm persönlich zur Verfügung gestellten Stiftungen, über den er allein zu entscheiden hatte. Alle Ankäufe aus diesem Fond wurden offiziell als Überweisung des Direktors bezeichnet.
Wörtlich zitiert nach Göpel Erhard / Göpel Barbara 1976, S. 164f.:
Marie Swarzenski (rechts), 1889-1967, Tochter des Frankfurter Stadtrats Victor Mössinger, und Carola Netter, spätere Frau Roth, geb. 1905 in Frankfurt/M. Die Dargestellten kannten sich, haben zu dem Bild aber getrennt Modell gesessen. Das Gem. entstand ohne Auftrag.
Benno Reifenberg: «Marie war die Gattin von Georg Swarzenski [1876-1957], unter dessen Leitung das Städelsche Kunstinstitut während der zwanziger Jahre eine ungemeine Entwicklung nahm, insofern es sich mit höchstem Qualitätsanspruch der neueren Kunst erschloss. Marie Swarzenski war unbeirrbar in ihrer Contenance, urteilte mit vollkommener Sicherheit über die Qualität von Kunstwerken und über die von Menschen. [...] Ihre Originalität verlieh ihr eine Art von Unnahbarkeit. [...] Beckmann hat sie gezeichnet, gemalt, ihre Sensibilität, ihre Scheu und die Kraft ihrer Seele. Er wusste, diese Frau würde sich zeitlebens behaupten.» (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4.Nov. 1967, ausführlicher Nachruf.)
Georg Swarzenski, bis 1938 Generaldirektor der Frankfurter Sammlungen, war einer der grossen Förderer Beckmanns. Er erwarb insgesamt 13 Gemälde von MB für die Frankfurter Galerie (Nr. 36, 108, 188, 192, 210, 222, 240, 257, 267, 281, 323, 324, 327; Dr. Alfred Wolters, der dem Museum seit 1912 angehörte und 1928 die Leitung der Städtischen Galerie übernahm, hat die Ankäufe mit bestimmt).
S. hat sich auch als Autor mit Entschiedenheit für MB eingesetzt (siehe Bibl. 329, 440, 1707). 1938 emigrierte das Ehepaar S. in die USA. Der ersten Nachkriegs-Ausstellung von Werken Beckmanns in New York 1946 gab S. durch sein Vorwort im Katalog Gewicht. Siehe auch «Ein Brief von Georg Swarzenski» (an Alfred Wolters) in: Die Gegenwart 12 (1957) S. 404. Georg und Marie S. sind in den USA gestorben.
MB schuf zwei graphische Bildnisse von G.S., Gallwitz 161 und 280; eine 1950 datierte Bildniszeichnung ist im Besitz von Hanns Swarzenski in Rye, N.Y. (Abb. u.a. in: Beiträge für Georg Swarzenski, Berlin 1951).
Im Tagebuch (11.-14. März 1948) verzeichnete MB das Wiedersehen mit den Frankfurter Freunden, dem «Professor» und «Maruschka», in Boston.
Carola Roth geb. Netter war 18 Jahre alt, als MB sie bei einer Einladung in privatem Kreis in Frankfurt kennenlernte. Sie trug ein schwarzes Abendkleid mit rosa Chenillestickerei, eine blassrosa Korallenkette und hatte einen Fächer bei sich. MB erklärte, er wolle sie in diesem Kleid malen. Sie folgte diesem Wunsch, der wie eine Anordnung wirkte, und hat im Atelier in der Schweizerstrasse mehrfach zu dem Bild Modell gesessen. Zu einer der Sitzungen brachte sie ihren Hund, einen Bobtail, mit. Während er malte, erkundigte sich MB nach ihren Lektüren und empfahl ihr Flaubert, Die Versuchung des Heiligen Antonius, zu lesen.
1924-1927 arbeitete C.R. bei Georg Swarzenski am Städelschen Kunstinstitut. Von Jugend an kunstinteressiert, kritisch und unabhängig denkend, gehörte sie früh zu dem Kreis derer, die Beckmann in seinem Rang erkannten. Die Max Beckmann Gesellschaft, die sie 1952 mit begründete und deren Geschäfte sie führt, und die Autoren des Werkverzeichnisses haben ihrem sachlichen Interesse, ihrer Initiative und Grosszügigkeit viel zu verdanken. Carola Roth lebt in München. Siehe auch Bibl. Nr. 470.
Eine undatierte Bildniszeichnung Marie Swarzenski, Studie zu dem vorliegenden Gem., befindet sich im Fogg Art Museum Cambridge, Mass. (Abb. in: Charles Kuhn, The Harvard Collections, Cambridge 1957); ein Pastell und eine Bleistiftzeichnung, beide undatiert, sind im Besitz des Sohnes Wolfgang Swarzenski in Winterthur. Vgl. Lithographie und Holzschnitt Bildnis Marie S., Gallwitz 278, 279, dort 1925 datiert.
Eine Bildniszeichnung Carola Roth, Studie zu dem Gem., bezeichnet «Zeichnung Frl. N. 1923», ist im Besitz der Dargestellten (Abb. in: Eduard Trier, Zeichner des 20. Jahrhunderts, Frankfurt 1956); eine Bildniszeichnung befindet sich im Besitz von MQB.
Vgl. das Pastel in BECKMANN MAYEN / GOHR / HOLLEIN 2006, Nr. 28.
Vgl. die Zeichnungen in WIESE 1978 Nr. 522 und 523.
Vgl. die Drucke in HOFMAIER 1990 Nr. 290 (Lithographie) und 310 (Holzschnitt).