Briefe
In seinen Briefen erwähnt Max Beckmann das Gemälde am 16. August 1927 (Nr. 436, S. 98), 10. November 1927 (Nr. 442, S. 103), 10 März 1927 [10. März 1928] (Nr. 453, S. 109), 25. Juni 1928 (Nr. 459, S. 113), [Herbst 1929] (Nr. 503, S. 146), 17. September 1932 (Nr. 599, S. 224) und 29. Januar 1933 (Nr. 612, S. 234; siehe ANmerkungen S. 338, 339, 341, 346, 349, 363, 371, 400, 424, 429).
Self-Portrait in Tuxedo
Atelier Max Beckmann
Berlin, Julius Meier-Graefe (1928)
BERLIN Staatliche Museen zu Berlin (1928 bis 7. Jul 1937; von der Nationalgalerie erworben)
BERLIN Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (7. Jul 1937 bis 21. Apr 1941; Beschlagnahme, EK 14127)
NIEDERSCHÖNHAUSEN Schloss Schönhausen (Aug 1938 bis 18. Apr 1939; Depot »international verwertbarer« Kunstwerke)
BERLIN Galerie Buchholz (18. Apr 1939 bis 21. Apr 1941; in Kommission)
NEW YORK Buchholz Gallery - Valentin Gallery (1939 bis 1941; zur Ansicht, später Kauf)
CAMBRIDGE Harvard Art Museums
Quellen
GÖPEL ERHARD / GÖPEL BARBARA 1976
Provenienzforschung in CAMBRIDGE Harvard Art Museums
https://www.harvardartmuseums.org/art/304344
BERLIN Datenbank »Entartete Kunst«, Abfrage: Max Beckmann - Selbstportrait im Smoking.
TIEDEMANN 2013, S. 278, 348.
MoMA Curt Valentin Papers - III.A.5, 2 of 4: Liste der Gemälde vom 6. März 1949, die für SAINT LOUIS City Art Museum 1949 bestimmt waren.
MoMA Curt Valentin Papers - III.A.6, 1 of 5: Paintings by Max Beckmann at Buchholz Gallery, ohne Datum.
Zeitraum | Preis | Notiz |
---|---|---|
15. Mai 1984 - 29. Jul 1984 | 800.000,00 USD | Versicherungswert gemäß ZA VA 10198 - Max Beckmann-Retrospektive 1984 - Leihscheine |
16. Mär 1949 | 2.000,00 USD | MoMA Curt Valentin Papers - III.A.5, 2 of 4: 16. Mär 1949; Werkliste für Ausstellung: SAINT LOUIS City Art Museum 1949. Der Preis entspricht dem notierten Versicherungswert. |
21. Apr 1941 | 150,00 USD | Schätzpreis des BERLIN Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda im Rahmen der »Verwertung entarteter Kunst«. Quelle: TIEDEMANN 2013, S. 278-280. |
10. Jul 1937 | 4.000,00 RM | Versicherungswert, abgegebene Gemälde für MÜNCHEN Hofgarten-Arkaden 1937; gemäß ZA I / NG 0866 Versicherung »Entarteter Kunst« |
15. Jun 1929 | 7.000,00 RM | Versicherungswert für PITTSBURGH Carnegie Institute 1929 gemäß ZA I / NG 0031 - Ausleihungen 1929 |
07. Apr 1928 | 7.000,00 RM | Angebotspreis gemäß ZA I / NG 0470 - Landeskommission |
Wörtlich zitiert nach Göpel Erhard / Göpel Barbara 1976, S. 199:
Als das Selbstbildnis 1928 in Berlin zum erstenmal öffentlich gezeigt wurde, erregte es Aufsehen. Meier-Graefe bezeichnete es als «das bei weitem eigenste und imponierendste Werk der Secession» (a.a.O.), andere nannten es «brutal» und «plakativ», kein Kritiker liess das Bild unerwähnt. Die National-Galerie entschloss sich zum Ankauf. Es wurde zur Carnegie-Ausstellung eingereicht und anschliessend fast ein Jahr in den USA gezeigt. Deutsche Galerien und der Kommissar für die Biennale 1930 bemühten sich vergeblich, das Bild für Ausstellungen zu entleihen (lt. Korrespondenz in den Staatlichen Museen Berlin und in der Gemäldegalerie Dresden). Es wurde berühmt und, oft klischeehaft, als repräsentativ für das Werk Beckmanns angesehen, was bis dahin nur für die «Nacht» (Nr. 200) galt.
Politisch Engagierte, unter ihnen Georg Schmidt in Basel (s.o., Literaturhinweis), verurteilten das Bild als Selbstdarstellung eines gesellschaftlich Erfolgreichen, als einen Verrat Beckmanns am Sozialismus. (Über MB und Sozialismus siehe auch W. Hausenstein in: Glaser 1924, S.61-62.)
Wenige Wochen vor der Entstehung des Selbstbildnisses erschien im Juli-Heft der Europäischen Revue ein bisher unbeachtet gebliebener Aufsatz von MB, «Der Künstler im Staat» (Bibl. Nr. 12). Die dort formulierten Gedanken dürften Inhalt und Aufbau des Selbstbildnisses bestimmt haben.
[...] «Zerschlagen liegen die alten Götter, unwahr und dunkel führen die alten Kirchen im Dämmerlicht ein trügerisches Scheindasein. Ernüchtert und glaubenslos starrt die zum Mann herangereifte Menschheit in öde Leeren und ist sich ihrer Kraft noch nicht bewusst.»
«Was uns fehlt, ist ein neues Kulturzentrum, ein neues Glaubenszentrum.» [...] «Es handelt sich darum, eine elegante Beherrschung des Metaphysischen zu erreichen. Straffe, klare, disziplinierte Romantik unserer eigenen, im äussersten Masse unwirklichen Existenz zu leben. Die neuen Priester dieses neuen Kulturzentrums haben im schwarzen Anzug oder bei festlichen Zeremonien im Frack zu erscheinen, wenn es uns nicht gelingt, mit der Zeit ein noch präziseres und eleganteres männliches Kleidungsstück zu erfinden. Und zwar, was wesentlich ist, soll auch der Arbeiter im Smoking oder im Frack erscheinen. Das soll heissen: wir wünschen eine Art aristokratischen Bolschewismus. Einen sozialen Ausgleich, dessen Grundgedanke aber nicht die Genugtuung des reinen Materialismus ist, sondern der bewusste und organisierte Trieb, selbst Gott zu werden. Der äussere Erfolg innerhalb dieses Staatssystems würde nicht mehr oder nur unwesentlich in Geld bestehen, sondern dem zufallen, der die grössere Summe von Gleichgewicht erreicht hat und dem daher auch ein grösseres Mass von Macht und Einfluss zusteht. Also Macht und Einfluss auf der Basis der Selbstverantwortung. Ich bin mir wohl bewusst, hiebei eine Utopie auszusprechen. Jedoch es muss ein Anfang gemacht werden.» [...] (A.a.O. S. 289-290.) Soweit bekannt, hat MB diese Ideen in späteren Veröffentlichungen und Briefen so pointiert nicht wieder ausgesprochen.
Die Hamburger Illustrierte veröffentlichte im April 1929 neben dem Selbstbildnis ein Porträtfoto Beckmanns von Nini und Carry Hess, das etwa gleichzeitig entstanden sein dürfte. In Ausdruck, Stellung und Handhaltung ist es der Darstellung im Gemälde ähnlich.
In der Ausstellung Pittsburgh 1929 war das Selbstbildnis mit 7000 M versichert.
Der im Kronprinzenpalais 1932 eingerichtete Beckmann- Raum (siehe Abb. S.I/596, 597 und Lebensdaten) wurde unter dem Druck der politischen Verhältnisse im August 1933 geschlossen (siehe Nr. 253). Das Gem. figuriert in einem «Verzeichnis der Kunstwerke, die nach dem Amtsantritt von Direktor Hanfstaengl aus der Schausammlung des Kronprinzenpalais entfernt und magaziniert worden sind», sowie in einer Liste der von der Kommission Ziegler am 7. Juli 1937 in der National-Galerie ausgewählten Kunstwerke für die Ausstellung «Deutsche Verfallskunst seit 1910» (= Entartete Kunst 1937, das Selbstbildnis wurde in der Ausstellung jedoch nicht gezeigt. Listen im Archiv der National-Galerie Berlin [Ost]).